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Erneutes Auftreten von leberzellkarzinomen
EMA erweitert Überprüfung von Hepatitis C-Arzneimitteln
Der Pharmakovigilanzausschuss der Europäischen Arzneimittelkommission hat das Risikobewertungsverfahren zu den neuen Hepatitis C-Therapeutika ausgeweitet. Die Wirkstoffe sollen nicht nur zu einer verstärkten Reaktivierung latenter Hepatitis B-Infektionen führen, sondern auch das Wiederauftreten von Leberzellkarzinomen begünstigen.
Die neuen Hepatitis C-Arzneimittel können bei Patienten mit früherem Leberzellkarzinom möglicherweise das Risiko für ein erneutes Auftreten von Leberzellkrebs erhöhen. Dies ergibt eine im April im Journal of Hepatology veröffentlichte Studie, die sich mit der Effektivität der direkt antiviral wirkenden Arzneimittel bei dieser Patientengruppe beschäftigt.
Das Pharmacovigilance and Risk Assessment Committee (PRAC) hat am 17. März 2016 ein Risikobewertungsverfahren zur Überprüfung direkt antiviral wirkender Medikamente (DAA, direct acting antivirals) bei Hepatitis C eingeleitet. Die neuen Wirkstoffe stehen im Verdacht, eine gleichzeitig bestehende Hepatitis B-Infektion zu (re)aktivieren. Nun wurde das Verfahren auch auf das Wiederauftreten von Leberzellkarzinomen ausgeweitet. Betroffen sind die Arzneimittel Daklinza®, Exviera®, Harvoni®, Olysio®, Sovaldi® und Viekirax®.
Harvoni® 90 mg / 400 mg Filmtabletten
Wirkstoffe: Ledipasvir 90 mg / Sofosbuvir 400 mg
Ombitasvir ist ein direkt wirkender antiviraler Wirkstoff und inhibiert effektiv die Virusvermehrung des Hepatitis C-Virus durch Angriff am Nicht-Strukturprotein NS5A. NS5A spielt als Phosphoprotein eine wichtige Rolle bei der Virusreplikation und dem anschließenden Zusammenbau neuer Virionen (Assembly). Es ist zugelassen zur Therapie der chronischen Hepatitis C bei Erwachsenen und ausschließlich in Kombination mit Paritaprevir und Ritonavir unter dem Handelsnamen Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg erhältlich. Eine antivirale Therapie mit Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg beinhaltet zusätzlich stets die Kombinationspartner Dasabuvir (Exviera® 250 mg Filmtabletten) und / oder Ribavirin.
Empfohlene Therapieregime umfassen die Genotypen 1 und 4.
Paritaprevir hemmt die virale NS3/4A-Protease des Hepatitis C-Virus (HCV). Als direkt wirkendes antivirales Mittel inhibiert es somit die Entstehung der reifen Proteine NS3, NS4A, NS4B, NS5A und NS5B aus einem Polyprotein. Die Virusreplikation wird gehemmt. Es ist zugelassen zur Therapie der chronischen Hepatitis C bei Erwachsenen und ausschließlich in Kombination mit Ombitasvir und Ritonavir unter dem Handelsnamen Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg erhältlich. Eine antivirale Therapie mit Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg beinhaltet zusätzlich stets die Kombinationspartner Dasabuvir (Exviera® 250 mg Filmtabletten) und / oder Ribavirin.
Empfohlene Therapieregime umfassen die Genotypen 1 und 4.
Ritonavir ist angezeigt zur Therapie - in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten - von HIV-1-Infizierten Patienten. Als Proteaseinhibitor hemmt es die Spaltung viraler Vorläuferproteine und einen wichtigen Schritt in der Reifung infektiöser Viren und unterbricht somit den Infektionskreislauf. Als potenter CYP-3A4-Inhibitor wird es heute im klinischen Alltag hauptsächlich zur Verbesserung der Pharmakokinetik CYP-3A4-metabolisierter Arzneimittel (v.a. HIV-Proteaseinhibitoren) eingesetzt. Ritonavir zeigt keine antivirale Aktivität gegen das Hepatitis C-Virus. Es dient in Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg als „Booster“, um die Exposition des direkt antiviral wirkenden Agens und CYP-3A4-Substrats Paritaprevir zu erhöhen.
Handelsname: Norvir® 100 mg Filmtabletten, Bestandteil in Viekirax® 12,5 mg/75 mg/50 mg.
Selektivität als Nachteil?
Interferone, die bis zur Einführung der direkt antiviral wirkenden Medikamente Standard in der Therapie der chronischen Hepatitis C waren, wirken sowohl gegen Hepatitis B- und Hepatitis C-Infektionen. Durch den Einsatz der hocheffektiven, nebenwirkungsärmeren neuen Wirkstoffgruppen, die mit einer deutlich kürzeren Behandlungsdauer einhergehen, werden gezielt nur antivirale Proteine des Hepatitis C-Virus beeinflusst. Der Wegfall von Interferon im Therapieregime gilt als mögliche Erklärung für ein verstärkt beobachtetes Wiederauftreten – bis dato inaktiver – Hepatitis B-Infektionen.
Bezogen auf das Wiederauftreten eines hepatozellulären Karzinoms, könnten Störungen in der Immunüberwachung das Hervortreten metastasierender Klone fördern.
Der für die Bewertung und Überwachung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständige Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) reagiert daher mit einer sorgfältigen Überprüfung dieser Beobachtungen. Er will bewerten, ob Maßnahmen zur Verbesserung der Behandlung erforderlich sind.
Harvoni® 90 mg / 400 mg Filmtabletten
Wirkstoffe: Ledipasvir 90 mg / Sofosbuvir 400 mg
Sofosbuvir ist ein direkt wirkender antiviraler Arzneistoff. Es hemmt selektiv die RNA-abhängige RNA-Polymerase NS5B des Hepatitis C Virus (HCV), welche für die Replikation des Virusgenoms von wesentlicher Bedeutung ist. Als Nukleotid-Prodrug führt Sofosbuvir - nach Aktivierung zum Triphosphat - und Einbau durch die NS5B-Polymerase zum Kettenabbruch und somit zur Unterbrechung des Replikationszyklus. Sofosbuvir ist zugelassen in Kombination mit anderen antiviral wirksamen Arzneimitteln. Therapiedauer und Kombinationspartner (Ribavirin oder Ribavirin + PEG-Interferon) orientieren sich am Genotyp (1-6) und der damit einhergehenden unterschiedlichen Virulenz des HCV.
Handelsname: Sovaldi® 400 mg Filmtabletten, Bestandteil von Harvoni® 90 mg/400 mg Filmtabletten.
Ledipasvir gehört in die Gruppe direkt wirkender antiviraler Arzneimittel bei chronischer Hepatitis C (CHC). Es hemmt das Nicht-Strukturprotein NS5A, welches als multifunktionelles Protein sowohl bei der Virus-RNA-Replikation als auch beim anschließenden Zusammenbau neuer Virionen (Assembly) von Bedeutung ist.
Es ist als Fertigarzneimittel nur in Kombination mit dem RNA-Polymerase NS5B-Inhibitor Sofosbuvir unter dem Handelsnamen Harvoni® 90 mg/400 mg Filmtabletten erhältlich.
... das weitere Prozedere
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfiehlt bereits in Behandlung befindlichen Patienten während des laufenden Verfahrens, sich bei Fragen und Bedenken an ihren Arzt oder Apotheker zu wenden.
Die Empfehlung des PRAC dient dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) als fachliche Grundlage, bevor die Europäische Kommission eine rechtlich bindende Entscheidung für alle EU-Mitgliedstaaten trifft. Details zum Verfahren finden Sie auf der Homepage der EMA.
Simeprevir
Als direkt wirkendes antivirales Arzneimittel wirkt Simeprevir, gegen chronische Hepatitis C-Infektionen. Es hemmt die NS3/4A-Serinprotease des Hepatitis C-Virus (HCV), welche für die Replikation des Virus essenziell ist. Simeprevir wurde ausschließlich bei HCV-Infektionen mit den Genotypen 1 und 4 untersucht und sollte demnach bei Patienten mit Infektionen der Genotypen 2, 3, 5 und 6 nicht eingesetzt werden. Olysio® 150 mg Hartkapseln ist nicht zur Monotherapie indiziert. Empfohlene Kombinationspartner (Sofosbuvir, Ribavirin, PEG-Interferon) sowie die Therapiedauer richten sich individuell nach zirrhotischem Status des Patienten und dem Vorliegen von HIV-Koinfektionen.
Handelsname: Olysio® 150mg Hartkapseln.
Dasabuvir
Dasabuvir zählt zu den direkt wirkenden antiviralen Medikamenten. Es unterbindet die Replikation des Virusgenoms, die Virusvermehrung wird gehemmt. Als nicht-nukleosidischer Inhibitor der Hepatitis C-Virus RNA-Polymerase NS5B, wird Dasabuvir im Rahmen einer Kombinationstherapie, und zwar mit Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir zur Behandlung der chronischen Hepatitis C-Infektion angewendet. Durch Synergismus drei direkt wirkender antiviraler Arzneimittel, wird in unterschiedliche Lebenszyklen des Hepatitis C-Virus (HCV) eingegriffen. Ziel ist es, Resistenzen vorzubeugen.
Handelsname: Exviera® 250 mg Filmtabletten
Daclatasvir
Daclatasvir gehört in die Gruppe direkt wirkender antiviraler Arzneimittel und ist indiziert zur Therapie der chronischen Hepatitis C-Infektion. Angriffspunkt ist das Nicht-Strukturprotein NS5A (NS5A), welches als multifunktionelles Protein wesentlicher Bestandteil des Replikationskomplexes ist. Daclatasvir greift an zwei unterschiedlichen Stellen und hochselektiv sowohl in die Vermehrung des Virusgenoms als auch den Zusammenbau neuer Viruspartikel (Assembly) ein. Zugelassen ist es ausschließlich in Kombination mit anderen antiviralen Arzneimitteln, das jeweilige Therapieregime orientiert sich anhand des Vorliegens und der Schwere einer Leberzirrhose (Child-Pugh-Klassifizierung) und beinhaltet Ribavirin, Sofosbuvir und PEG-Interferon.
Daklinza® Filmtabletten gibt es in zwei Wirkstärken, 30 mg und 60 mg.
Handelsname: Daklinza® Filmtabletten.
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